Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition) by Higgins Clark Mary

Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition) by Higgins Clark Mary

Autor:Higgins Clark, Mary [Higgins Clark, Mary]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2012-12-03T23:00:00+00:00


44

Dr. Daniels Schlaftablette hatte gut gewirkt. Molly hatte sie um zehn Uhr abends genommen und bis acht durchgeschlafen. Als sie aufwachte, fühlte sie sich zwar etwas benommen, aber ausgeruht.

Sie zog ihren Morgenmantel an und wollte nach unten gehen, um Kaffee und Saft für ein Frühstück im Bett vorzubereiten. Sie brauchte dringend Zeit zum Nachdenken, doch als sie in die Küche kam, wurde ihr klar, daß zuerst einmal Aufräumen angesagt war.

Obwohl die Polizisten sich Mühe gegeben hatten, keine allzu große Unordnung zu hinterlassen, war die Atmosphäre im ganzen Haus nicht mehr dieselbe. Molly bemerkte kleine Veränderungen. Alles, was die Beamten berührt oder verschoben hatten, stand nun nicht mehr am richtigen Platz.

Die Vertrautheit ihres Zuhauses, an die sie sich während all der Tage und Nächte im Gefängnis geklammert hatte, war dahin und mußte wiederhergestellt werden.

Molly duschte rasch, schlüpfte in Jeans, Turnschuhe und ein altes Sweatshirt und machte sich an die Arbeit. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, Mrs. Barry anzurufen und sie um Hilfe zu bitten. Doch sie verwarf diesen Einfall sofort wieder. Das ist mein Haus, sagte sie sich. Und ich bin immer noch in der Lage, es selbst in Ordnung zu bringen.

In meinem Leben geht es drunter und drüber, dachte sie verzweifelt, als sie heißes Wasser in die Spüle laufen ließ und Flüssigseife dazugab. Aber ich kann mich immer noch zusammenreißen und mein Haus wieder in Besitz nehmen.

Sorgfältig rückte sie die Teller zurecht, stellte Töpfe und Pfannen in Reih und Glied auf und wischte Fingerabdrücke und Schmierstreifen weg.

Das alles erinnert mich an die überraschenden Zellenkontrollen im Gefängnis, ging es ihr durch den Kopf. Sie hörte noch die entschlossenen Schritte auf dem Korridor und den Befehl, an die Wand zurückzutreten. Dann mußte sie zusehen, wie ihr Bett auseinandergenommen und nach Drogen durchsucht wurde.

Erst als sie sich mit dem Handrücken über die Wange fuhr und dabei Seifenschaum ins Auge bekam, merkte sie, daß sie weinte.

Und es gibt noch einen Grund, warum ich mich freue, daß Mrs. Barry heute ihren freien Tag hat, dachte sie. Ich muß meine Gefühle nicht verstecken, sondern kann ihnen freien Lauf lassen. Dr. Daniels wäre stolz auf mich.

Als Fran Simmons um halb zehn anrief, wachste Molly gerade den Tisch in der Vorhalle ein.

Warum war ich bloß einverstanden, mit ihr zu Mittag zu essen? fragte sie sich, nachdem sie aufgelegt hatte.

Aber sie kannte den Grund. Trotz Philip Matthews Warnung wollte sie Fran sagen, daß Annamarie Scalli sich vor irgend etwas gefürchtet hatte.

Und zwar nicht vor mir, überlegte sie. Sie hatte keine Angst vor mir, obwohl sie überzeugt war, daß ich Gary umgebracht habe.

Oh, Gott, was tust du mir an? fragte sie sich und sank weinend auf die unterste Treppenstufe.

Sie hörte ihre eigenen Schluchzer. Ich bin so einsam, so schrecklich einsam, dachte sie. Sie erinnerte sich an das gestrige Telefonat mit ihrer Mutter. »Schatz, du hast recht, es ist besser, wenn wir dich noch nicht besuchen.«

Wie sehr habe ich mir gewünscht, Mom würde sagen, daß sie bald bei mir sein würden, dachte Molly. Ich brauche sie jetzt. Ich brauche jemanden, der mir hilft.



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